
Eröffnungsworte von Dr. Heinz Thaler, Vorstand des Diakoniewerks, und Mag. Gerhard Breitenberger, Geschäftsführung Diakoniewerk Oberösterreich
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Dr. Harald Katzmair im Interview
Das Resilienz-Prinzip: Was uns nicht umbringt, macht uns anders
Anspannung, Polarisierung und Fragmentierung sind Kennzeichen unserer derzeitigen Welt. Unser Berufsalltag ist voller Herausforderungen, die Angst vor einem Kontrollverlust oft groß. Wie gehen wir mit dieser Erfahrung um? Was können wir tun? Was macht uns stark und handlungsfähig gerade in dieser Situation?
Das Interview führte Mag. Karin Windpessl (Diakoniewerk).
Resilienz bedeutet, dass wir handlungs- und lernfähig bleiben auch unter schwierigen Bedingungen. Überraschungen und Unerwartetes passiert, wir finden aber einen Weg damit umzugehen. Denken wir an Schachspiel: wir sind dann Schach-matt, wenn wir keinen Zug mehr machen können. Resilienz bedeutet hingegen, wir haben immer einen alternativen Zug parat, wir bleiben im Spiel.
Die Veränderungszyklen sind schnell und Überraschungen passieren. Wir sollten aber nicht überrascht sein, dass Überraschungen passieren werden. Resilienz ist heute wichtig, weil vieles sich nicht voraussagen lässt. Wir müssen mehr denn je darauf gefasst sein unsere Pläne zu ändern, wenn die Welt um uns herum sich ändert.
Es geht schlicht und ergreifend darum ob unser Leben gelingen kann, ob wir wachsen und uns entwickeln können selbst in einer Welt von tanzenden Landschaften – oder ob wir verängstigt und bitter werden, weil uns die Veränderungen der Welt zerrütten.
Wir sind in vielen Bereichen hypereffizient geworden. Da gibt es keinen Platz mehr für Überraschungen. Resilienz benötigt Spielräume, um auf Überraschungen reagieren zu können. In unserem Versuch Dinge zu optimieren und Kosten zu sparen verlieren wir schnell unsere Flexibilität. Muße, Feste feiern, einfach nur „Sein“ und nicht immer bloß „Tun“ sind Voraussetzungen für Resilienz. Sie schaffen Freiräume für Unerwartetes, sie sind der Garant dafür, dass nicht alles angefüllt und verbaut ist mit Terminen und Verpflichtungen.
Es geht hier vor allem um das prinzipielle Vertrauen zu sich selbst und in die Welt. Jene, die in der Kindheit mit stabilen, belastbaren, verlässlichen Beziehungen aufwachsen durften tuen sich leichter mit Stresssituationen und Veränderungszyklen. Jene die die Welt als instabil und unzuverlässig erfahren haben, tuen sich schwerer. Resilienz ist also im gewissen Sinne zunächst mehr „ererbt“ als angeboren oder erlern.
Wie die Auswirkungen der frühkindlichen Beziehungs-Stabilität auf die Resilienz zeigt ist sie ja nicht eine Eigenschaft von Einzelnen, sondern von Beziehungen und Netzwerken. Wir können später zum Beispiel üben gemeinsam zu improvisieren, Improvisationstheater ist eine großartige Möglichkeit. Generell kann Resilienz in Teams geübt werden: gemeinsam Neues erkunden, Bewährtes vertiefen, im Krisenfall improvisieren. Das Improvisationstheater ist eine wunderbare Schule der Resilienz.
Es geht darum, dass wir wie der Fuchs im Fuchsbau immer mehrere Ausgänge haben. Diversität ist das Zauberwort. Je unterschiedlicher wir sind, je mehr unterschiedliche Ansätze und Denkweisen wir zulassen, desto eher werden wir im Krisenfall eine Antwort parat haben, frei nach dem Prinzip: In unserer Werkzeugkiste ist nicht nur ein Hammer drinnen, sondern wir haben da auch Zangen, Sägen und Schraubenzieher. Was immer die Situation sein wird, wir haben unter uns jemanden der das richten kann.
Die Boxlegende Muhamed Ali veränderte nach seiner KO Niederlage gegen Joe Frazier seinen Boxstil vollkommen. Vor der Niederlage kämpfte er ohne Deckung war ungeheuerlich agil. Nach der Niederlage war deutlich langsamer, kämpfte mit Deckung und nutzte die Seile, um den Schlägen auszuweichen. Mit dem neuen Stil schaffte er dennoch den Come-back Sieg gegen George Foreman. Befragt nach den Gründen seiner Änderung sagte er in einem Interview: „Niederlagen machen nicht stärker, aber sie machen uns anders“. Genau darum geht es bei der Resilienz – lernfähig bleiben, anders werden können auch wenn das Leben uns auf die Bretter wirft.